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Kann der Koran uebersetzt werden?

von Muhammad Asad
Islamisches Zentrum Genf, August 1964


Auf den nachfolgenden Seiten findet der Leser Muhammad Asads Vorwort zu seiner neuen englischen Uebertragung und seinem Kommentar des Korans. Obwohl er mit Nachdruck feststellt, dass der Koran auf Grund seines goettlichen Ursprungs und des vielschichtigen Reichtums seiner Ausdrucksweise niemals in einer anderen Sprache voll "wiedergegeben" werden kann, so ist es nichtsdestoweniger moeglich, seine Botschaft allen denjenigen mitzuteilen, die weder mit der arabischen Sprache vertraut sind noch auch genuegend Gelehrsamkeit besitzen, um sich ohne weitere Hilfe in dieser Heiligen Schrift zurechtzufinden.

Seine diesbezuegliche Bemuehung ist Muhammad Asad vollends gelungen. Sein Werk wird nunmehr vom Islamischen Weltbund in Mekka veroeffentlicht. Das Islamische Zentrum, Genf, ist der Meinung, dass dieses Werk eine neue Epoche in der Geschichte der Koran-Uebersetzung einleitet: wir haben naemlich zum ersten Mal eine Uebertragung vor uns, die in einer sprachlich treuen und zugleich auch idiomatisch richtigen Weise die Botschaft des Korans in einer abendlaendischen Sprache wiedergibt.

Muhammad Asads hervorragendes Werk wird in einer dreibaendigen Ausgabe erscheinen. Der erste Band wird dem Publikum binnen kurzem vorliegen und ist bei dem Islamischen Zentrum in Genf erhaeltlich.

LIES im Namen deines Erhalters, der erschuf - erschuf den Menschen aus einer Keimzelle!
Lies! Und dein Erhalter ist der Hoechst Freigebige, der [den Menschen] gelehrt hat, die Feder zu gebrauchen - den Menschen gelehrt, was er nicht wusste ...

Mit diesen Eroeffnungsversen aus der sechsundneunzigsten Sure - mit einer Anspielung auf den bescheidenen biologischen Ursprung des menschlichen Wesens sowie auch auf des Menschen Bewusstsein und Geist - begann zu Anfang des siebenten Jahrhunderts der christlichen Aera die Offenbarung des Korans an den Propheten Muhammad : eine Offenbarung, die sich ueber dreiundzwanzig Jahre erstreckte und eine kurze Zeit vor dem Tode des Propheten mit Vers 281 der zweiten Sure ihren Abschluss fand :

Und seid euch jenes Tages bewusst, an dem ihr zu Gott zurueckkehren werdet,
woraufhin jeder Mensch in Voll belohnt wird fuer alles, was er sich verdient hat,
und niemand Unrecht erleiden wird.

Zwischen diesen ersten und letzten Versen (den ersten und letzten in der chronologischen Reihenfolge ihrer Offenbarung) 1 enfaltet sich ein Buch, das in einem weit hoeheren Masse als irgendein anderes uns bekanntes Einzelphaenomen die religioese, soziale und politische Geschichte der Welt beeinflusst hat. Kein anderes heiliges Buch hat je einen aehnlich unmittelbaren Einfluss auf das Leben der Menschen ausgeuebt, die seine Botschaft zum ersten Mal vernahmen. Diese Botschaft erschuetterte ganz Arabien und bewirkte es, dass die bis dahin einander bekriegenden Staemme ihre Feindseligkeiten einstellten und zu einem einigen Volk verschmolzen; innerhalb einiger weniger Jahrzehnte breitete sich die koranische Weltanschauung weit ueber die Grenzen Arabiens hinaus aus und brachte die erste ideologisch bedingte Gesellschaftsform im Werdegang des Menschen hervor; ihre klar betonte Forderung nach Bewusstsein und Wissen erzeugte in ihren Anhaengern geistige Neugier und ein Verlangen, sich Fragen zu stellen und sie selbstaendig zu beantworten - und dies leitete allmaehlich jenes grossartige Zeitalter des Wissens und der wissenschaftlichen Forschung ein, die fuer die islamische Welt am Hoehepunkt ihrer kulturellen Lebensfrische so bezeichnend war; und diese koranisch beeinflusste Kultur drang auf zahllosen Wegen und Seitenpfaden in den Geist des mittelalterlichen Europa ein und rief jenes Erwachen der abendlaendischen Kultur hervor, die wir nunmehr als die Renaissance bezeichnen, und gab somit den ersten Anstoss dem kommenden "wissenschaftlichen Zeitalter": dem Zeitalter, in welchem wir heute leben.

All dies neue Geschehen verdankte letzthin seinen Ursprung der Botschaft des Korans - einer Botschaft, die unzaehligen Menschen einen neuen Masstab fuer alle ihre ethischen Wertungen und eine neue Zielrichtung fuer alle ihre weltlichen Bestrebungen gab. Man kann wohl behaupten, dass kein anderes Buch - nicht einmal die Bibel - je von so vielen Menschen mit einer derartigen Inbrunst und Verehrung gelesen wurde; und niemals hat irgendein anderes Buch so vielen Menschen waehrend so langer Zeit und auf eine auch nur annaehernd umfassende Art die Frage beantwortet: "Wie soll der Mensch sich benehmen, um Glueck auf Erden und Seelenheil im Jenseits zu erlangen?" Wie oft auch einzelne Muslime diese Antwort missverstanden und wie viele von ihnen sich vom Geist der koranischen Botschaft entfernt haben moegen, so besteht doch kein Zweifel, dass der Koran allen denjenigen, die an ihn glaubten und glauben, die endgueltige Verwirklichung der goettlichen Gnade, die endgueltige Weisheit und die endgueltige Schoenheit des Ausdruckes bedeutet: kurz, das wahre Wort Gottes.

Diese Haltung der Muslime gegenueber dem Koran befremdet gewoehnlich den Abendlaender, der sich ihm mittels der einen oder anderen der vielen vorhandenen Uebersetzungen zuwendet. Wo der Glaeubige, den Koran in seinem arabischen Text lesend, Schoenheit erkennt, nimmt der nicht-muslimische Leser einer Uebersetzung oftmals Anstoss an Ausdruecken oder Gedankenverbindungen, die ihm als "grobsinnig" erscheinen; der innere Zusammenhang der koranischen Weltauffassung und ihre Bedeutsamkeit fuer den menschlichen Lebenszustand entgehen ihm voellig, und an ihrer Stelle glaubt er - unter der Eingebung der orientalistischen Literatur Europas und Amerikas - nur "folgewidrige Weitschweifigkeit" zu erkennen;2 und so manche der koranischen Gedankengaenge, die sich einem Muslim als hoechste Weisheit enthuellen, klingen oftmals "flach" und "gemeinplaetzlich" im abendlaendischen Ohr. Und dennoch - und das ist sehr verwunderlich - hat noch niemand, nicht einmal der gehaessige Kritiker des Korans je die Tatsache bestritten, dass dieses Buch fuer unzaehlige Millionen von Menschen die tiefste Quelle religioeser und kultureller Eingebung darstellte und immer noch darstellt - und zwar fuer Millionen von Menschen, die in ihrer Gesamtheit doch einen ausserordentlichen Beitrag zu dem Wissen, der Zivilisation und den sozialen Errungenschaften der Menschheit geleistet haben. Wie laesst sich dieses Paradox erklaeren?

Es laesst sich nicht mit dem allzu bequemen, von vielen modernen Muslimen so oft angefuehrten Argument erklaeren, dass der Koran durch seine abendlaendischen Uebersetzer absichtlich in ein falsches Licht gebracht worden ist. Denn obwohl man nicht bestreiten kann, dass so manche der vorliegenden abendlaendischen Uebersetzungen im Zeichen eines boshaften Vorurteils steht (und das gilt insbesondere von den fruehen, "missionarisch" beeinflussten Erzeugnissen), so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die mehr zeitgenoessischen Uebersetzungen in der Regel von ernsten Gelehrten herstammen : Gelehrten, die in ihrer Arbeit von keinerlei bewussten Vorurteilen beeinflusst waren und sich ehrlich bemuehten, den Sinn des arabischen Originals in diese oder jene europaeische Sprache zu uebertragen. Wir besitzen ausserdem auch eine Anzahl von Koran-Uebersetzungen, die von Muslimen besorgt wurden - also von Menschen, denen man keineswegs zumuten kann, dass sie den von ihnen als heilige Offenbarung angesehenen Koran absichtlich falsch gedeutet haetten. Nichtsdestoweniger ist es keiner dieser Uebersetzungen - gleichviel ob von abendlaendischen Orientalisten oder von Muslimen besorgt - bis jetzt gelungen, auch nur einen geringen Teil der Weisheit und Tiefe des Korans zu enthuellen und ihn somit Menschen naeherzubringen, die in einem grundsaetzlich verschiedenen Geistesklima aufgewachsen waren. Dies mag zum Teil daran liegen, dass die Abendlaender seit jeher von einem bewussten und unbewussten Vorurteil gegenueber dem Islam an sich erfuellt sind : einem ererbten Vorurteil, das seit den Kreuzzuegen die Stellungnahme fast eines jeden Abendlaenders allen islamischen Belangen gegenueber bestimmt und auch in den Werken vieler Islamforscher deutlich zum Vorschein kommt. Aber nicht einmal dieser psychologische Faktor kann es voellig erklaeren, warum das Abendland trotz seiner wachsenden Anteilnahme an allem, was die islamische Welt betrifft, bis heute dem Koran so verstaendnislos gegenuebersteht.

Es mag wohl sein, dass eine der hauptsaechlichen Ursachen dieser Verstaendnislosigkeit in jenem Aspekt des Korans liegt, der ihn so weitgehend von allen anderen heiligen Schriften unterscheidet: naemlich in seiner starken Hervorhebung der Vernunft als einem gueltigen Weg zum Glauben, sowie auch in seinem Bestehen auf der Tatsache, dass die geistigen und koerperlichen (und deshalb auch die sozialen) Belange des menschlichen Seins miteinander unloesbar verbunden sind und dass somit des Menschen alltaegliches Tun und Benehmen von seinem Seelenleben und seinem geistigen Schicksalsweg nicht zu trennen ist. Diese Ablehnung aller begrifflichen Zweiteilung der Wirklichkeit in "stofflich-koerperliche" und "seelisch-geistige" Belange bringt es nun mit sich, dass Christen, deren Religion das "Uebernatuerliche", welches angeblich jedem wahren religioesen Erlebnis zugrundeliegt, ja immer hervorhebt, es in der Regel schwer finden, sich mit der vorwiegend rationalen Haltung des Korans gegenueber allen Lebensfragen zu identifizieren. Und so kommt es auch, dass die fortdauernde Verflechtung geistiger Lehren mit praktischer Gesetzgebung, die fuer den Koran so bezeichnend ist, den abendlaendischen Leser in hohem Masse befremdet. Er ist naemlich daran gewoehnt, alles "religioese Erleben" gedankenmaessig mit einem numinoesen Erschauern vor verborgenen und der blossen Vernunft unzugaenglichen Dingen zu verbinden: und nun hat er ein religioeses Buch vor sich, das dem Menschen einen Weg nicht nur zum Seelenheil im Jenseits, sondern auch zum guten Leben - im geistigen, koerperlichen und sozialen Sinne - in diesem irdischen Dasein zeigen will! Mit anderen Worten, der durchschnittliche Abendlaender fuehlt eine innere Hemmung angesichts der koranischen These, dass alles Leben, indem es von Gott erschaffen ist, eine Einheit darstellt, und dass alle Probleme des Fleisches und des Geistes, des Geschlechtslebens und der Wirtschaft, der persoenlichen Rechtlichkeit und der sozialen Gerechtigkeit innigst mit den Hoffnungen verbunden sind, die der Mensch hinsichtlich seines Fortlebens nach dem Tode haben mag.

Dies ist meiner Ansicht nach einer der Hauptgruende der negativen, mehr oder weniger verstaendnislosen abendlaendischen Einstellung zum Koran und seinen Lehren. Es besteht jedoch noch ein anderer und vielleicht sogar noch schwerer wiegender Grund: der Koran selbst ist noch niemals in solch einer Weise uebersetzt worden, dass er einein abendlaendischen Leser - welch auch immer seine Muttersprache - wirklich verstaendlich werden koennte.

Wenn wir die lange Reihe der europaeischen Koran-Uebersetzungen ins Auge nehmen, von den lateinischen Werken des Mittelalters bis zu den neuzeitlichen Uebersetzungen in fast jeder europaeischen Sprache, finden wir etwas, das allen ihren Urhebern gemeinsam ist, gleichviel ob es sich um Muslime oder Nicht-Muslime handelt : ein jeder von ihnen erwarb sich seine Kenntnis der arabischen Sprache ausschliesslich auf akademischem Wege - das ist, durch Buecher. Keiner von ihnen, so gross auch seine Gelehrsamkeit, war oder ist in demselben Sinne mit der arabischen Sprache vertraut wie ein Mensch mit seiner eigenen Sprache vertraut ist, indem er von Kindheit auf alle Nuancen ihrer Ausdrucksweise in sich aufgenommen hat und nunmehr instinktiv, assoziativ auf ihre Klaenge reagiert und auf spontane Art und Weise den akustischen Symbolismus ihrer Woerter und Saetze in sich selber wiedererlebt. Man darf naemlich nie vergessen, dass alle Woerter nur Symbole sind, auf welche die Mitglieder einer Sprachgemeinschaft sich halbbewusst, allmaehlich geeinigt haben, um sich gegenseitig ihre Wahrnehmungen der Wirklichkeit mitteilen zu koennen. Falls also der Uebersetzer nicht imstande ist, in seinem Geiste die begriffliche Symbolik der betreffenden Sprache spontan zu reproduzieren - das heisst, falls er sie nicht in seinem eigenen Ohr in aller Natuerlichkeit und Unmittelbarkeit "singen" hoert, - kann sein Werk kaum mehr als die aeussere Huelle des zu uebersetzenden literarischen Stoffes wiedergeben, und zwar ohne seinen vollen Sinn in die andere Sprache zu uebertragen; und je tiefer das fremdsprachige Originalwerk, desto weiter muss solch eine Uebersetzung von seinem eigentlichen Geiste abweichen.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass manche der bisherigen Uebersetzer des Korans hervorragende Gelehrte waren, die die arabische Grammatik vollkommen beherrschten und auch eine weitlaeufige Kenntnis der arabischen Literatur besassen; diese Beherrschung der Grammatik und diese Kenntnis der Literatur genuegen jedoch nicht, um einer Uebersetzung aus dem klassischen, und ganz besonders dem koranischen Arabisch wirklich gerecht zu werden. Was der Uebersetzer hier neben seinem philologischen Wissen benoetigt, ist etwas, das akademisches Studium allein nicht zu geben vermag: naemlich ein inneres Zusammenleben mit dem Geiste der arabischen Sprache.

Die arabische Sprache gehoert der semitischen Familie an; in der Tat, sie ist die einzige semitische Sprache, die jahrtausendelang, ohne jede Unterbrechung, lebendig geblieben ist; und sie ist ueberhaupt die einzige Sprache, die seit vierzehn Jahrhunderten vollkommen unveraendert geblieben ist. Diese beiden Faktoren spielen eine hoechst wichtige Rolle in unserer Problemstellung. Da, wie schon erwaehnt, eine jede Sprache nur ein Rahmenwerk von Symbolen darstellt, die in ihrer Gesamtheit das spezifische Lebensgefuehl eines Volkes und die spezifische Art seiner Mitteilung von Wirklichkeitswahrnehmungen zum Ausdruck bringen, so leuchtet es ohne weiteres ein, dass die Sprache der Araber - eine semitische, seit vielen Jahrhunderten unveraenderte Sprache - von allem, das dem abendlaendischen Geiste vertraut ist, weitaus verschieden sein muss.

Diese Verschiedenheit der arabischen von allen europaeischen Sprachen bezieht sich nicht nur auf ihre Syntax und die Art, in welcher sie Gedankengaenge formuliert ; noch auch ist sie ausschliesslich in der wohlbekannten ausserordentlichen Biegsamkeit der arabischen Grammatik oder in dem grossen Reichtum des arabischen Wortschatzes begruendet: sie entspringt einer Verschiedenheit im Lebensgefuehl und in der geistigen Haltung der beiden Menschengruppen. Und da die Sprache des Korans in Arabien geboren wurde und schon vor vierzehn Jahrhunderten ihre volle Reife und gegenwaertige Form erhielt, so muss man eben, um ihren Geist richtig zu erfassen, imstande sein, sie so zu fuehlen und zu hoeren, wie die Araber sie zur Zeit der koranischen Offenbarung fuehlten und hoerten: und das will besagen, dass man imstande sein muss, die sprachlichen Symbole, in welchen der Koran ausgedrueckt ist, genau so zu verstehen wie die Araber jener Zeit sie verstanden.

Wir Muslime glauben fest daran, dass der Koran ein Wort Gottes ist, dem Propheten Muhammad in einer menschlichen Sprache offenbart. Es war die Sprache Arabiens: die Sprache eines Volkes, dem seine Wuestenheimat und ihre zeitlose Weite einen eigentuemlichen Scharfsinn und damit auch die Faehigkeit einer hoechst unmittelbaren Wahrnehmung aller Lebensvorgaenge verliehen hatte: die Sprache von Menschen, deren Gedankenbilder muehelos von Assoziation zu Assoziation dahinschweben, in raschem Lauf einander folgen und oftmals gedankliche Zwischenstufen, die als "selbstverstaendlich" gelten koennen, elliptisch ueberspringen, um auf diese Weise die beabsichtigte Endidee umso schneller zum Ausdruck zu bringen. Dieser weitgehende Gebrauch der Ellipsis (von den arabischen Philologen als idjaz bezeichnet) ist eine unverbruechliche Eigentuemlichkeit der arabischen Sprache und somit auch des Korans - sodass es unmoeglich ist, seine Methodik und Sinngebung zu erfassen, falls man nicht die instinktive Faehigkeit besitzt, diese elliptische, assoziative Denkweise spontan in sich selber nachzuerleben. Der gebildete Araber erlangt diese Faehigkeit auf fast automatische Weise, von seiner fruehesten Kindheit her: denn sobald er seine Muttersprache richtig zu sprechen lernt, erwirbt er sich allmaehlich, unbewusst die ihr eigene Denkweise und waechst in dieselben psychologischen Gegebenheiten hinein, denen die arabische Sprache ihre besondere Form und Ausdrucksweise verdankt. Dies trifft jedoch keineswegs auf den Nicht-Araber zu, der mit der arabischen Sprache erst in reifem Alter, auf Grund eines bewussten Bestrebens und Studiums vertraut wird: denn was er sich auf diesem Wege erwirbt, ist nur die aeusserliche Sprachstruktur, nicht aber die elliptisch bedingte Denkweise, die der arabischen Sprache die ihr eigentuemliche Lebendigkeit verleiht.

Dies will natuerlich nicht besagen, dass ein Nicht-Araber niemals in den wahren Geist der arabischen Sprache eindringen kann: es besagt nicht mehr und nicht weniger als dass er dieses Ziel nur dann erreichen kann, wenn er ausser dem erforderlichen philologischen Wissen auch ein instinktives "Gefuehl" fuer diese Sprache erlangt. Um sich dieses "Gefuehl" zu erwerben, genuegt es dem Auslaender nicht, eine Zeitlang in einer arabischen Stadt gelebt zu haben. Obwohl viele der arabischen Stadtbewohner, und besonders die Gebildeten, unbewusst den Geist ihrer Sprache in sich aufgenommen haben moegen, koennen sie ihn nur ganz ausnahmsweise einem Nicht-Araber vermitteln: denn so umfassend ihre sprachliche Bildung auch sein mag, ist ihre alltaegliche Sprechweise doch im Laufe der Jahrhunderte verdorben und dem urspruenglichen Arabisch entfremdet worden. Und so kommt es nun, dass ein Nicht-Araber sich heutzutage das erforderliche "Gefuehl" fuer die arabische Sprache nur auf einem Wege aneignen kann: naemlich in langjaehrigem, vertrautem Zusammenleben mit Menschen, deren alltaegliche Sprechweise auch heute noch den Geist ihrer Sprache unverfaelscht wiederspiegelt und deren Denkweise nicht allzu sehr von der Denkweise jener Araber abweicht, die zu der Zeit lebten, da die arabische Sprache ihre endgueltige Faerbung und geistige Form erhielt. In unseren Tagen sind solche Menschen einzig und allein noch in Arabien zu finden : es sind die Beduinen Zentral- und Ostarabiens. Obwohl ihre Sprache gewisse dialektische Eigentuemlichkeiten aufweist, die sie von der klassischen Sprache des Korans unterscheidet, so ist sie dennoch der Sprechweise zur Zeit des Propheten sehr aehnlich geblieben und hat alle ihre wesentlichen Eigenschaften beibehalten.3

Mit anderen Worten, Vertrautheit mit der in Zentral- und Ostarabien vorherrschenden beduinischen Ausdrucksweise - zusaetzlich einer "akademischen" Kenntnis des klassischen Arabisch - stellt heutzutage den einzig moeglichen Weg dar, die Sprache des Korans wirklich zu erfassen. Und weil eben keiner der Gelehrten, die vormals den Koran in die eine oder andere der europaeischen Sprachen uebertrugen, jemals dieser unumgaenglichen Erfordernis Rechnung getragen hat, stellten ihre Obersetzungen kaum mehr als ein fernes und oftmals irrefuehrendes Echo des Korans dar.

DAS WERK, das ich nunmehr der Oeffentlichkeit vorlege, ist ein Ergebnis eines fast lebenslaenglichen Studiums und eines vieljaehrigen Aufenthalts in Arabien. Es ist, soviel ich weiss, der erste Versuch, den Koran auf idiomatische Weise in eine europaeische Sprache zu uebertragen und seine Botschaft weiten Kreisen zugaenglich zu machen. Ich erhebe keineswegs den Anspruch, den Koran in dem Sinne "uebersetzt" zu haben, wie etwa Plato oder Shakespeare uebersetzt werden koennen: denn ungleich jedem anderen Buche ist der Sinn des Korans unloesbar mit seiner sprachlichen Darstellung verknuepft. Der Stand der einzelnen Worte innerhalb eines Satzes, der Rhythmus und Klang seiner Phrasen und ihr syntaktischer Aufbau, die Art, in welcher eine Metapher sich fast unmerklich in eine pragmatische Aussage verwandelt, der Gebrauch von akustischen Betonungen nicht nur im Dienste der Rhetorik, sondern oftmals auch als ein Mittel der Anspielung an unausgesprochene, aber dennoch deutlich einbegriffene Gedankengaenge: all das macht den Koran einzigartig und letzten Endes unuebersetzbar, wie es schon von so manchen seiner frueheren Uebersetzer und von saemtlichen arabischen Gelehrten hervorgehoben wurde. Aber obwohl es unmoeglich ist, den Koran als solchen in irgendeiner anderen Sprache "wiederzugeben", so ist es dennoch moeglich, seine Botschaft denjenigen verstaendlich zu machen, die, wie die meisten Abendlaender, die arabische Sprache gar nicht kennen, oder aber - wie es bei den meisten der nicht-arabischen Muslime der Fall ist - eine zu mangelhafte Kenntnis besitzen, um aus Eigenem zu einem Verstaendnis des Korans zu gelangen.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Uebersetzer durchwegs den zur Zeit der Offenbarung des Korans bestehenden Sprachgebrauch in Betracht ziehen und darf nie vergessen, dass der Sinn so mancher seiner Ausdruecke - insbesondere derjenigen, die sich auf abstrakte Begriffe beziehen - sich im Laufe der Zeit unmerklich verschoben hat, was zur Folge hat, dass ihre Uebersetzung dem spaeteren, populaeren Gebrauch gemaess durchaus irrefuehrend ist. Wie schon Muhammad 'Abduh hervorhob,4 haben sogar manche der klassischen im sonstigen sprachlich zuverlaessigen Koran-Kommentatoren sich hie und da in dieser Hinsicht geirrt; und die unkritische Uebernahme ihrer Irrtuemer durch die modernen Uebersetzer hat zu vielfachen Sinnentstellungen und zuweilen auch zu einer gaenzlichen Unverstaendlichkeit so mancher Koranstelle in ihrer europaeischen Uebertragung gefuehrt.

Ein anderer und nicht weniger bedeutsamer Punkt, den der Uebersetzer staendig im Auge behalten muss, ist der idjaz des Korans: jene unnachahmliche, elliptische Ausdrucksweise, in welcher gewisse Gedankenstufen absichtlich ausgelassen werden, damit die Endidee so kernig und buendig zum Ausdruck komme wie es innerhalb der Beschraenkungen, denen jede menschliche Sprache unterliegt, moeglich ist. Wie ich schon erwaehnt habe, ist der idjaz ein integraler Bestandteil der arabischen Sprache, der im Koran seine hoechste Vollendung erreicht hat. Um nun den Sinn dieses Buches in eine Sprache zu uebertragen, die nicht in aehnlich elliptischer Weise funktioniert, muss der Uebersetzer die im arabischen Text absichtlich ausgelassenen gedanklichen Zwischenstufen dem Leser durch eingeklammerte Interpolationen vermitteln. Falls dies versaeumt wird, verliert in der Uebersetzung die betreffende arabische Phrase all ihre Lebendigkeit und oftmals auch allen Sinn.

Der Uebersetzer muss sich davor hueten, alle religioesen Ausdruecke des Korans unweigerlich in dem Sinne wiederzugeben, den sie heute besitzen - das heisst, nachdem der Islam innerhalb eines von Gesetzen, Glaubenssatzungen und Gebraeuchen bestimmten Rahmenwerkes "institutionalisiert" worden ist. Wie sehr auch diese allmaehliche "Institutionalisierung" des Islam geschichtlich und religioes bedingt und berechtigt sein mag, so ist es nichtsdestoweniger offensichtlich, dass der Koran niemals richtig verstanden werden kann wenn man ihn nur unter dem Gesichtswinkel spaeterer ideologischer Entwicklungen liest und hierbei den urspruenglichen Sinn uebersieht, den seine Worte fuer die Zeitgenossen des Propheten hatten und auch haben sollten.

So zum Beispiel, wenn jene fruehesten Muslime die Worte islam und muslim vernahmen, verstanden sie darunter "Hingabe an Gott" und "einer, der sich Gott hingegeben hat", ohne diesen Begriff auf eine bestimmte historische Glaubensgemeinschaft zu beschraenken : denn der Koran spricht ja (z. B. in 3:67) von Abraham als einem, "der sich Gott hingegeben hatte" (kana musliman), und laesst auch die Juenger Jesu sagen (in 3:52): "Sei uns Zeuge, dass wir uns Gott hingegeben haben (bi-anna muslimun)."

Im Arabischen ist diese urspruengliche Bedeutung unversehrt geblieben, und kein arabischer Gelehrter hat sie je anders verstanden. Nicht so aber der durchschnittliche Muslim unserer Zeit oder gar der Nicht-Araber: denn in seiner Auffassung haben die Ausdruecke islam und muslim in der Regel einen begrenzten, historisch bedingten Sinn und beziehen sich ausschliesslich auf die Anhaenger des Propheten Muhammad. In aehnlicher Weise sind auch die Ausdruecke kufr ("Wahrheitsverneinung") und kafir ("einer, der die Wahrheit verneint") in den bisherigen Koran-Uebersetzungen ohne jegliche Berechtigung auf "Unglauben" bzw. "Unglaeubiger" reduziert und damit der tiefen geistigen Bedeutung beraubt, die der Koran diesen Ausdruecken verleiht. Ein weiteres Beispiel finden wir in der herkoemmlichen Uebersetzung des Wortes kitab, in seiner Anwendung auf den Koran, als "Buch". Dies ist mehr oder weniger irrefuehrend. Zur Zeit der Offenbarung des Korans, die, wie wir wissen, sich auf dreiundzwanzig Jahre erstreckte, fassten ihn seine Hoerer keineswegs als ein "Buch" auf (eine Form, die er erst einige Jahrzehnte nach dem Tode des Propheten erhielt), sondern vielmehr, - und zwar auf Grund der Ableitung des Hauptwortes Kitab vom Zeitwort kataba ("er schrieb" oder "er verordnete") - als eine "goettliche Verordnung " oder " Offenbarung". Aehnlich verhaelt es sich mit der koranischen Anwendung dieses Ausdrucks auf aeltere heilige Texte : denn der Koran hebt oftmals hervor, dass jene frueheren goettlichen Offenbarungen im Laufe der Zeit weitgehend verfaelscht worden sind, so dass die uns jetzt vorliegenden "Buecher" keineswegs mit den urspruenglichen Offenbarungen identisch sind. Folglich, eine Obersetzung des Ausdrucks Ahl al-Kitab als "Volk der Schrift" oder "des Buches" entspricht nicht seiner koranischen Sinngebung; eine richtigere Uebersetzung waere "Anhaenger der frueheren Offenbarung".

Kurzum, wenn es darum geht, die Botschaft des Korans anderssprachigen Lesern wirklich verstaendlich zu machen, muss der Uebersetzer immer darauf bedacht sein, seiner Uebertragung der koranischen Ausdruecke und Phrasen moeglichst genau die Bedeutung zu geben, die sie fuer die Zeitgenossen des Propheten hatten : und dies war eben der Grundsatz, der meine Arbeit lenkte.

Mit der Ausnahme von zwei Ausdruecken habe ich mich bemueht, jeden koranischen Begriff und jede einzelne Phrase mit moeglichst gleichbedeutenden englischen Worten zu umschreiben, was zuweilen die Verwendung ganzer Saetze fuer die Wiedergabe eines einzelnen arabischen Wortes erforderte. Die zwei Ausnahmen betreffen die Worte Koran und Sure, die ich unuebersetzt liess, weil sie eben im Arabischen niemals etwas anderes als den Titel dieser und nur dieser Offenbarung, bezueglicherweise jeden ihrer einzelnen Abschnitte bezeichnen, so dass eine "Uebersetzung" dieser beiden Ausdruecke dem Leser schwerlich zugute kommen wuerde.5

Abgesehen von diesen rein sprachlichen Ueberlegungen habe ich mich durchwegs bemueht, bei meiner Auslegung des Korans zwei Regeln einzuhalten:

Erstens: Der Koran darf nicht als eine lockere Ansammlung einzelner Verordnungen und Ermahnungen betrachtet werden, denn er stellt eine unverbruechliche Einheit dar. Das will besagen, dass er eine einheitliche ethische Lehre entwickelt und dass jeder einzelne seiner Verse und Saetze in engstem Zusammenhang mit allen anderen Versen und Saetzen steht, so dass jeder Einzelteil die anderen Teile erlaeutert und ergaenzt. Es folgt daher, dass der wahre Sinn des Korans nur dann erfasst werden kann, wenn man jede einzelne seiner Aussagen als ein Korrelat aller anderen in ihm enthaltenen Aussagen ansieht und sich bestrebt, seine Gedankenfolgen durch wechselseitige Verweisungen von einer Stelle auf die andere zu erklaeren, wobei das Besondere immer dem Allgemeinen und das Beilaeufige dem Wesentlichen untergeordnet werden muss. Sobald man diese Regel treu befolgt, erkennt man, dass der Koran - in den Worten von Muhammad Abduh - "sich selber aufs Beste auslegt."

Zweitens: Man darf nicht den Koran von einem rein historischen Gesichtspunkt aus betrachten, denn alle seine Anspielungen auf historische Umstaende und Ereignisse - sowohl in der Zeit des Propheten als auch in frueheren Zeiten - dienen lediglich der Erlaeuterung der allgemeinmenschlichen Lebensumstaende und werden nie um ihrer selbst willen erwaehnt. Unsere Betrachtung des geschichtlichen Anlasses fuer die Offenbarung dieses oder jenes Koranverses darf daher niemals dazu fuehren, dass wir die geistige Zielrichtung des betreffenden Verses und somit seine Stellung innerhalb der koranischen Gesamtlehre aus dem Auge lassen.

In meinem Bestreben, die vielfachen Aspekte der koranischen Botschaft so voll als moeglich zum Vorschein zu bringen, habe ich mich genoetigt gesehen, meine Uebersetzung durch zahlreiche erklaerende Anmerkungen zu ergaenzen. Gewisse Betrachtungen allgemeiner Art, inbesondere solche, die sich auf die Struktur des Korans sowie auch auf seine Weltanschauung, Allegorik und Eschatologie beziehen, werden in besonderen Anhaengen am Ende des dritten Bandes behandelt. Fuer die Anmerkungen habe ich weitgehend die Werke der grossen arabischen Philologen und Koran-Kommentatoren benutzt. Wenn auch meine Auslegung des Korans hie und da von der Auslegung der klassischen Kommentatoren abweicht, so muss man doch bedenken, dass die Einzigartigkeit des Korans gerade in seiner Unerschoepflichkeit liegt: denn je mehr unser Wissen sich erweitert und unsere geschichtlichen Erfahrungen sich vermehren, umso tiefer und weiter der Sinn, der sich uns in seinen Aussagen offenbart.

Trotz alledem aber muss ich betonen, dass ohne die Werke jener unvergleichlichen Gelehrten der frueheren Jahrhunderte keine moderne Uebertragung des Korans - meine eigene mit inbegriffen - je unternommen werden koennte ; und so bin ich auch dort, wo ich von ihrer Auslegung abweiche, ihrer Gelehrsamkeit, die meiner eigenen Wahrheitssuche einen Ansporn gab, zu tiefstem Dank verbunden.

Was den Stil meiner Uebersetzung betrifft, so moechte ich bemerken, dass ich soweit als moeglich alle Archaismen, die dem zeitgenoessischen Leser das Verstaendnis des Korans erschweren wuerden, zu vermeiden gesucht habe. Andererseits aber hielt ich es nicht fuer angebracht, der Sprache des Korans ein "modernes" Gewand zu verleihen, das nicht nur dem Geiste der arabisches Textes widersprechen, sondern auch einem Ohr, welches auf die dem Begriff der Offenbarung innewohnende Feierlichkeit eingestellt ist, misstoenig klingen wuerde. Wie dem aber auch sei, erhebe ich keinen Anspruch, auch nur einen geringen Teil des unbeschreiblichen koranischen Rhythmus und Wohlklanges wiedergegeben zu haben. Kein Mensch, der die majestaetische Schoenheit dieses Buches wirklich erlebt hat, kann sich je anmassen, einen solchen Anspruch zu erheben oder auch nur einen Versuch machen, ein solches Ziel zu erreichen.

Und so bin ich mir voll bewusst, dass meine Uebertragung dem Koran keineswegs " gerecht werden" oder gar seine ganze Tiefe zum Vorschein bringen konnte - denn

wenn auch alle See zur Tinte wuerde,
um meines Erhalters Worte auszudruecken, -
wahrlich, erschoepft wuerde die See
ehe die Worte meines Erhalters erschoepft waeren.
(Koran 18:109).

Anmerkungen

1 In ihrer endgueltigen Zusammenstellung sind die Suren den inneren Erfordernissen der koranischen Botschaft gemaess geordnet, und ihre Reihenfolge weicht betraechtlich von der Zeitfolge ihrer Offenbarung ab.

2 So, zum Beispiel, werfen abendlaendische Kritiker dem Koran oftmals vor, dass er in einer "folgewidrigen" Art von Gott spricht, und zwar nicht selten in ein und demselben Satz als "Er", "Gott", "Wir" oder "Ich", mit einem dementsprechenden Wechsel des Fuerwortes von "Sein" zu "Unser" oder "Mein" oder von "Ihm" zu "Uns" oder "Mir". Diese Kritiker sehen naemlich nicht ein, dass diese wechselnden Sprachformen weder zufaellig sind noch auch einer "poetischen Freiheit" entspringen, sondern einer bestimmten Absicht entsprechen, indem sie die Auffassung betonen, dass Gott keine "Person" ist und deshalb auch niemals durch persoenliche Fuerwoerter, die auf begrenzte und vergaengliche Wesen anwendbar sind, wirklich umschrieben werden kann.

3. Hierzu muss man jedoch bemerken, dass unter dem Druck der neuzeitlichen Wirtschaftsverhaeltnisse, die die althergebrachte Lebensweise der Beduinen weitgehend beeinflusst und sie durch modernen Schulunterricht und Radio in eine unmittelbare Beruehrung mit der levantinisch-staedtischen Kultur gebracht haben, die Reinheit der beduinischen Sprechweise in raschem Abnehmen begriffen ist, so dass die Gefahr besteht, dass sie bald aufhoeren wird, uns als ein lebendiger Wegweiser zur arabischen Sprache dienen.

4. Der Leser wird in meinen Anmerkungen haeufige Hinweise auf diesen grossen islamischen Gelehrten finden. Die Bedeutung von Muhammad 'Abduh (1849-1905) im Geistesgefuege der modernen islamischen Welt kann nie genuegend betont werden. Man kann wohl ohne alle Uebertreibung sagen, dass alles islamische Denken unserer Zeit direkt oder indirekt von diesem ausserordentlichen Gelehrten beeinflusst worden ist. Der von ihm geplante und begonnene Koran-Kommentar wurde durch seinen fruehen Tod unterbrochen. Sein Schueler Rashid Rida' setzte seine Arbeit fort, aber auch er starb, ehe dieser grossangelegte Kommentar (herausgegeben unter dem Titel Tafsir al-Manar) beendet war. Demselben Rashid Rida' verdanken wir auch die beste Biographie von Muhammad 'Abduh (Kairo 1350-1367 der islamischen Aera). Siehe auch C. C. Adams, Islam and Modernism in Egypt (London 1933).

5. Etymologisch ist das Hauptwort qur'an (populaer "Koran") vom Zeitwort qara'a ("er las") abgeleitet und bedeutet demnach "die Lesun[par excellence]'", waehrend das Wort surah (populaer "Sure") als "eine Stufe [die zu weiteren Stufen fuehrt]" oder auch als "Erhabenheit" uebersetzt werden kann.



Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1426 / 2005